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Interview mit Michael Schmidt-Salomon zum Vorwurf, er sei ein Religionshasser

Frage: Herr Schmidt-Salomon, in den Medien wird Ihr gemeinsam mit Helge Nyncke verfasstes Buch "Wo bitte geht es zu Gott? fragte das kleine Ferkel" mitunter als "Hassbuch" beschrieben. Das wirft die Frage auf: Sind Sie ein "Religionshasser"?

Antwort: Nein. Diese Gefühl ist mir völlig fremd. Ich "hasse" Religionen nicht, ich halte sie vielmehr, wie ich auch im Nachwort zur zweiten Auflage des "Manifest des evolutionären Humanismus" geschrieben habe, für "kulturelle Schatzkammern der Menschheit", die sowohl Sinnvolles, Humanes, als auch Sinnloses, Inhumanes, enthalten. Die große Aufgabe der Aufklärung besteht darin, das Eine von dem Anderen zu trennen. Dies kann, so meine Überzeugung, nur dann gelingen, wenn Kritiker von "Außen" ihre Position so klar wie möglich formulieren. Dies nämlich schafft erst die notwendigen Freiräume für innerreligiöse Reformprozesse. Pointiert formuliert: Ohne Marx, Nietzsche, Freud, Russell gäbe es auch keinen Schweitzer, Küng, Drewermann und auch keine Dorothee Sölle. Die Tragik des Islam besteht darin, dass es solche "Kritik von Außen" bislang nicht in ausreichendem Maße gegeben hat. Deshalb stehen die Vertreter des "Euro-Islam" momentan auch noch auf so verlorenem Posten.

Frage: Sind Sie denn wenigstens der "militante Atheist", als der Sie beschrieben werden?

Antwort: Nein, auch damit kann ich kaum dienen. Denn ich bin erstens nicht "militant", sondern ein friedliebender Vertreter der "produktiven Streitkultur der Aufklärung", der lieber falsche Ideen sterben lässt, bevor reale Menschen für Ideen sterben müssen. Und zweitens halte ich den Begriff "Atheist" für überaus nichtssagend. Mich verbindet mit dem Atheisten Stalin so wenig wie den Theisten Albert Schweitzer mit dem Theisten Osama bin Laden. Es wird Sie vielleicht ein wenig verwundern, aber es gibt durchaus Gottesvorstellungen, für die ich gewisse Sympathien hege. So habe ich etwa gegen den "Gott" Spinozas, Giordano Brunos, Meister Eckharts oder Albert Einsteins nur sehr wenig einzuwenden. Allerdings ziehe ich es vor, in meinem Sprachgebrauch auf den geschichtlich arg vorbelasteten Begriff "Gott" zu verzichten. Wenn Sie so wollen, folge ich hier einem Vorschlag Theodor W. Adornos, der einmal im Sinne einer negativen (jüdischen) Theologie forderte: "äußerste Askese jeglichem Offenbarungsglauben gegenüber, äußerste Treue zum Bilderverbot, weit über das hinaus, was es einmal an Ort und Stelle meinte."

Frage: Wie erklären Sie sich aber dann die hasserfüllten Reaktionen einiger Gläubiger, die in dem Buch eine "Anti-Religionshetze" sehen?

Antwort: Nun, auf diese Frage habe ich schon recht ausführlich in einem Interview mit dem Humanistischen Pressedienst geantwortet. Die Religionen besitzen gewissermaßen das weltanschauliche Monopol in den Kinderzimmern und versuchen dieses natürlich mit allen Mitteln zu verteidigen. Zudem habe ich den Verdacht, dass viele Kommentatoren das Buch entweder gar nicht oder nur sehr oberflächlich gelesen haben. Das "kleine Ferkel" ist zwar ein kritisches, aber doch auch ein sehr liebevolles, warmherziges, humorvolles und überaus vielschichtiges Buch. Wer es gelesen hat, der sollte eigentlich wissen: Das kleine Ferkel stachelt ganz gewiss nicht zu Hass auf, sondern zu Heiterkeit! Dies haben uns mittlerweile auch sehr viele Menschen - ob jung oder alt, Schüler oder Professor, Handwerker oder Psychologe - bestätigt. Es ist schon einigermaßen grotesk, wenn man manche Pressestimmen mit dem vergleicht, was in diesem drolligen, kleinen Büchlein wirklich zu sehen und zu lesen ist. Hier sind psychodynamische Prozesse im Spiel, die fatal an die Zeiten der Ketzerverfolgungen erinnern. Allerdings: Wir haben neben all den Vorwürfen auch sehr viel Unterstützung erfahren! Ich empfinde es als sehr ermutigend, dass so viele Menschen unterschiedlichster Herkunft den Schneid haben, die Aktion "Rettet das kleine Ferkel!" auf www.ferkelbuch.de zu unterstützen. Ihnen allen gilt mein tiefster Dank! Schließlich verlangt es schon Einiges an Zivilcourage, entgegen des medialen Mainstreams seinen Namen für diese Kampagne herzugeben. Ich muss sagen: Damit habe ich nicht unbedingt gerechnet...

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