Die kleine Schrift aus dem 16. Jahrhundert Discours de la servitude volontaire, verfasst von dem französischen Renaissance-Humanisten Étienne de La Boétie, gilt heute als wegweisender Meilenstein in der Entwicklung und Formulierung des europäischen Freiheitsgedankens und der politischen Ideenbildung. Anfang des 20. Jahrhundert durch Gustav Landauer wieder entdeckt, stellte er La Boéties Herrschaftsanalyse, dessen Darlegung gewaltsamer Unterdrückung und freiwilliger Unterwerfung, in eine Reihe mit dem, was in anderen Sprachen später Godwin und Stirner, Proudhon, Bakunin und Tolstoi aufnehmen werden. La Boéties Freiwillige Knechtschaft ist ein demokratischer Urtext des Abendlandes und hat die Neuzeit mit den Leitideen Partizipation, Gleichheit und Gerechtigkeit eingeläutet. Sowohl in der politischen Philosophie als auch in demokratischen und bürgerschaftlichen Bewegungen wird der Text bis heute rezipiert. Étienne de La Boétie(1530-1563), französischer Schriftsteller und Freund Montaignes, verfasste neben seinem Discours de la servitude volontaire, der erstmals 13 Jahre nach seinem Tode erschien, zahlreiche Sonetten und Latein-Verse und übersetzte Xenophon und Plutarch. Als Katholik und Rechtsanwalt, später Mitglied des Parlaments von Bordeaux, nahm er im Verlauf der damaligen Religionskriege an diversen Verhandlungen zwischen Protestanten und Katholiken teil und wurde zu einer Stimme für Toleranz in den Zeiten der Inquisition.