Joseph Ratzinger wird im Feuilleton als Intellektueller, als kluger Kopf und einer der führenden Denker innerhalb der katholischen Theologie gehandelt. Hans Albert wirft einen Blick auf einige zentrale Texte und kommt zu dem Ergebnis, dass dem deutschen Papst dieses Etikett zu unrecht anhaftet. Der Philosoph zeigt, dass der Theologe die historisch-kritische Forschung in seinem eigenen Fach weitgehend ignoriert, dass er mit unklarer Begrifflichkeit arbeitet und grundlegenden Problemen (z.B. der Theodizeefrage) ausweicht. Der Kritik, die der ehemalige Leiter der „Glaubenskongregation“ am wissenschaftlichen Weltbild übt, bescheinigt Albert, dass sie nur deshalb plausibel erscheine, weil ein „Zerrbild der wissenschaftlichen Forschung“ zugrunde gelegt wird. Und auch die Vernunft lässt sich nur dann in den Dienst des religiösen Glaubens stellen, wenn ihr von vorneherein Fesseln angelegt werden. In einem eigenen Kapitel setzt sich der Autor mit den Interviews des Papstes zur Frage der Rolle der Religion in einer säkularen Gesellschaft auseinander, dabei begegnet Albert seinem alten Kontrahenten Jürgen Habermas, dem er attestiert, die religionskritische Tradition der Aufklärung aufgegeben zu haben.