Friedrich Böttiger entwickelt im Sinne der kritischen Theorie von Marx, Adorno und Marcuse eine Kritik an der linken wie rechten Identitätspolitik. Denn die postmodernen Ansätze scheinen den Einfluss, den Politik, Gesellschaft und Ökonomie auf die Identitätsbildung und Identitätspolitik haben, zu wenig zu berücksichtigen. In einer Gesellschaft, in der die Individuen im Sinne von Konkurrenz und Wettbewerb vereinzelt gegeneinander um Arbeitsplätze streiten, ist Identität als subjektive Konstruktion von Wirklichkeit sowie ihre Überhöhung gesellschaftlich gewollt. Indem die bestehende Ordnung als Rahmen politischer Aktivität akzeptiert wird, ist nicht mehr die Revolution, ein Umsturz der ausbeuterischen Verhältnisse das Ziel, sondern die „konstruktive Kritik“, die auf eine Durchsetzung von Partikularinteressen hinausläuft. Identitätspolitik erscheint somit als konformistische Rebellion und Ausdruck von politischer Integration, als Ausdruck neuer deutscher Spießigkeit, die nicht mehr in der Lage ist, den Gesamtzusammenhang zu erkennen. Als Alternative stellt das Buch der Identität das Selbstbewusstsein entgegen. Das Individuum soll sich in seinem Zusammenhang zu Gesellschaft und Ökonomie selbst erkennen.