Autor:in
Franz M. Wuketits
2241
Ausstattung
186 Seiten, gebunden
Lob der Feigheit? Ist das nicht ein merkwürdiger Buchtitel für einen Autor, der zahlreiche Bücher zur Evolutionstheorie verfasst hat? Denn schließlich handelt Darwins Theorie geradezu vom "überleben der Tauglichsten". Und sind nicht speziell die Starken, Mutigen, Tollkühnen die "Tauglichsten"? Falsch, sagt Franz M. Wuketits, Professor für Wissenschaftstheorie mit dem Schwerpunkt Biowissenschaften an der Universität Wien. In der Evolution zählen nicht Mut und Tapferkeit, sondern das überleben, die Verbreitung der eigenen Gene. Und das heißt, überflüssigen Gefahren auszuweichen. "Wir haben zu viele tote Helden, aber zu wenige lebende Feiglinge!", so Wuketits. Tapferkeit wird seit der Antike gelobt. Sie gilt als Tugend, ja geradezu als Kardinaltugend (neben Klugheit, Besonnenheit und Gerechtigkeit). Feigheit zu loben ist dagegen neu. Denn Feigheit, massenhaft ausgeübt, wäre vielen Herrschenden ein Dorn im Auge. Wuketits greift ein Motto der Friedensbewegung auf" "Es ist Krieg und keiner geht hin...". In der Tat, gelänge es den Regierungen auf allen Seiten nicht, die Bevölkerung immer wieder zu Mut und Tapferkeit aufzustacheln ("Schön ist es, für das Vaterland zu sterben!"), würden sich dagegen die Menschen mehr Brechts Galilei anschließen ("Unglücklich das Land, das Helden nötig hat!"), Kriege wären nur schwerlich zu führen. Tapferkeit sollte nicht als Tugend, sondern als Untugend bezeichnet werden. "Lieber Spott als tot", wie Wuketits einen Abschnitt betitelt. Das Lob der Feigheit ist ein Buch, das Augen öffnet, Sachverhalte aus einer ungewohnten Perspektive betrachtet. Der Leser vermag immer wieder über die eine oder andere gelungene Formulierung zu schmunzeln. Und obwohl es sich flüssig liest, ist es ein tiefgründiges, ein wichtiges Buch, das neue Einsichten vermittelt. Empfehlenswert. B. Reinsdorf