Untertitel
Eine Streitschrift gegen positives Denken
1974
Ausstattung
335 Seiten, gebunden
Ausgangspunkt für Retzers Streitschrift ist die Feststellung, dass Millionen von Menschen über Burn-out und Depressionen klagen, während gleichzeitig überall "Positives Denken" angesagt ist. Der Psychotherapeut fasst den Begriff dabei weiter, bezieht sich nicht auf die billigen Suggestionsformeln von Dale Carnegie & Co, sondern sieht den weit verbreiteten fast zwanghaften Optimismus als gesellschaftliches Phänomen. Er beschreibt die Prozesse, die Menschen dazu bringen, die Ursache für ihre "miese Stimmung" bei sich zu suchen, unbegründet zu hoffen und zu Medikamenten zu greifen. Dass in diesem Verhalten eine Lösung der Probleme liegen könnte, bezweifelt Retzer. Denn diese seien auf gesellschaftliche und politische Zustände zurückzuführen (die schnell mal zu ändern nicht im Belieben des Einzelnen liegt). Kurzfristig erfolgreicher könnte es sein, das Selbstbild und die Erwartungshaltungen zu reflektieren. Wenn irgendwelche, häufig fremdbestimmte Vorgaben nicht zu erreichen sind, kann es sinnvoll sein, die Ansprüche an sich selbst herabzuschrauben. Denn das permanente Scheitern an eigenen Vorgaben ist für Retzer der sichere Weg in eine richtig miese Stimmung. Als Alternative sieht er, sich dem "Erfolg" zu entziehen" "Wenn wir nicht länger autistische Leistungs- und Erfolgsmaschinen oder biologieterrorisierte Haustiere sein wollen, besteht unsere Chance gerade darin, kaputtzugehen, das heißt, nicht mehr zu funktionieren." G. Reinsdorf