Untertitel
Ein Geheimarchiv enthüllt die Wahrheit über die Finanz- und Politskandale der Kirche
1868
Ausstattung
356 Seiten, gebunden
In den 1980er Jahren gab es großes Aufsehen, als die Banco Ambrosiano zusammenbrach, in der Folge zwei Bankiers die vorzeitige Reise ins Jenseits antraten und immer deutlicher wurde, daß es um schmutzige Geschäfte ging und daß Geldinstitute des Vatikan in die Sache verwickelt waren. Es erschienen mehrere Bücher zu den Vorfällen, aber da sich der Vatikan mit einer Mauer des Schweigens umgab und insbesondere Erzbischof Marcinkus, der als einer der Drahtzieher galt, sich seiner Verhaftung entzog, zeitlebens keine Aussage machte und von der Kurie gedeckt wurde, blieb vieles Spekulation. Das Buch des italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi ändert dies. 2008 erhält er Zugang zu einem Archivbestand, von dem bis dahin nichts bekannt war. Monsignor Renato Dardozzi hatte in den über 20 Jahren, die er im Vatikan tätig war (u.a. als Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften), über 4.000 Dokumente gesammelt - Briefe, interne Berichte, Bankunterlagen, viele davon mit brisantem Inhalt. Auf diesen Bestand konnte Nuzzis zurückgreifen. Auf den 350 Seiten seines Buches, das in Italien über 250.000 mal verkauft wurde, erzählt er dann zwei Geschichten. Im ersten Teil bringt er Licht in das vatikanische Finanzimperium und dessen Verstrickung in kriminelle Machenschaften. Minutiös führt er vor, wie das System funktionierte, und was mit den Geldern der Gläubigen so alles unternommen wurde. Nuzzi nennt Namen, gewährt uns Einblick in die Fraktionskämpfe und zeigt, wie das Werk Gottes und der Eigennutz bestimmter Prälaten manchmal in vollkommener übereinstimmung waren. Dabei bestätigen die Dokumente viele der immer erhobenen Vorwürfe von Bestechung oder Geldwäsche. Der zweite Teil des Buches befaßt sich mit der Frage, inwieweit der Vatikan mit Geld aus "besonderen" Kassen in den 1990er Jahren Einfluß auf die italienische Politik genommen hat. Insbesondere geht es um die angestrebte Gründung einer Nachfolgepartei der Democrazia Cristiana , die bestimmte Kreise im Vatikan nach Kräften unterstützt haben sollen. Auch wenn hier die "harten" Belege oft fehlen (z.B. Aussagen von "Kronzeugen" herangezogen werden), wird deutlich" es gab im Vatikan bis in die jüngste Vergangenheit ein System der Finanzverwaltung, das dem Papst Mittel in beachtlicher Höhe für politische Interventionen bereitstellte. Ein halbes Jahr nach Erscheinen des Buches hat der Vatikan im Finanzsektor personelle und strukturelle Veränderungen durchgeführt. Ob dies einen grundlegenden Wandel andeutet oder medienwirksam die üblichen "Bauernopfer" dargebracht werden, sei dahingestellt. Doch die von Nuzzi ausgebreiteten Fakten lassen die Grundzüge eines Systems erahnen und ermöglichen es so, auch in Zukunft die richtigen Fragen zu stellen. G. Reinsdorf