Die Schrift des französischen Pfarrers Jean Meslier (1664-1729) formulierte eine materialistische Religionskritik, bevor die Aufklärung atheistische Positionen hervorbrachte. Erst im 19. Jahrhundert vollständig veröffentlicht (zuvor kursierten nur Abschriften, bei den gedruckten Ausgaben handelte es sich um stark bearbeitete Versionen), ist das Testament bis heute ein beeindruckendes Dokument. Denn Meslier kritisiert nicht nur die Irrtümer der christlichen Lehre (z.B. die Erbsünde), er vertrat die Auffassung, daß die Religionen allesamt nur menschliche Erfindungen seien. Vor allem aber verstand er Religionskritik als Herrschaftskritik und zeigte (als Inhaber einer Pfarrstelle mit den täglichen Sorgen der armen Bevölkerung konfrontiert) die Funktion der Religion bei der Ausbeutung der Massen. Die vorliegende Ausgabe ist gekürzt, um den Umfang im Rahmen zu halten (was aufgrund von Mesliers vielen Wiederholungen dem Werk keinen Abbruch tut). Stilistisch ist Meslier allerdings nicht mit Voltaire oder Diderot zu vergleichen, was die Lektüre an manchen Stellen mühsam macht.