Ein Buch über "Chaostheorie" und die Linke" das klingt spannend. Eines der oft vernachlässigten Themen ist das Verhältnis der Linken zur Wissenschaft, speziell zur Naturwissenschaft. Denn um Naturwissenschaft geht es zumeist im vorliegenden Buch von Gernot Ernst. Viele zentrale Begriffe, Ideen und Konzepte, die sich mit Systemen beschäftigen, werden behandelt" Nichtlinearität, Chaos, selbstorganisierte Kritikalität, Systemtheorie, Netzwerke, Spieltheorie, Fuzzy-Logik u.a. Die Einführungen sind verständlich gehalten, scheuen aber nicht davor zurück, auch Mathematik anzuwenden. Wer in der Schule einen Horror vor Zahlen und Formeln hatte, sollte besser die Hände von dem Buch lassen. Allen anderen bietet es eine solide Einführung. Was aber haben die genannten Themen mit der Linken zu tun? Nun, unter anderen Namen tauchten viele der von den Naturwissenschaften untersuchten Phänomene bereits vorher in linken Theorien auf. Der bekannte Biologe (und frühere Kommunist) John Maynard Smith spricht von ähnlichkeiten zwischen Dialektik und manchen Gedanken der Komplexitätstheorie. Dass Systeme nicht statisch, sondern dynamisch sind, ist jedem Marxisten bekannt. Und Anarchisten haben sich schon immer mit Selbstorganisation beschäftigt. Von daher erlaubt das Buch einen neuen Blick auf linke Theorien, die plötzlich gar nicht mehr so "alt" erscheinen, wie interessierte Vertreter neokonservativer oder neoliberaler Weltanschauungen gerne behaupten. Gernot Ernst studierte Medizin, Sinologie und Religionswissenschaft und ist in linken Gruppen, u.a. attac, aktiv. B. Reinsdorf