Wir trauern um unsere Autorin Dr. Monika Schmittner
Manche Menschen hinterlassen einen Eindruck, der bleibt. Monika Schmittner war so ein Mensch. Das lag an ihrer so unvergleichlich herzlichen und mitreißenden Art. Und daran, dass sie es so gut verstand, lange unentdeckte Themen, die vor ihrer eigenen Haustür gespielt haben, fundiert und dabei gleichzeitig spannend zu erzählen.
Monika (Jahrgang 1950) hatte in Frankfurt Politik- und Sozialwissenschaften studiert und zur ersten Frauenbewegung am bayerischen Untermain promoviert. Ihr Arbeitsschwerpunkt wurde die Sozial- und Bewegungsgeschichte sowie historische Frauenforschung aus regionaler Perspektive. Damit hat sie Themen aus der Geschichte Aschaffenburgs und des Spessarts aufgegriffen, die lange unbeachtet geblieben waren. Für Widerständiges und Emanzipatorisches hatte sie eine besondere Vorliebe. Sei es die Revolution von 1848/49 am bayerischen Untermain, die sie in der Publikation Der Traum von der freien Republik aufgearbeitet hat oder ihre Arbeit Es kämpft sich nicht schlecht für Arbeit und Recht über die Geschichte der Metallgewerkschaft in Aschaffenburg. In ihrer Magisterarbeit hatte sich Monika mit dem Thema „Verfolgung und Widerstand 1933 bis 1945 am bayerischen Untermain“ auseinandergesetzt, die der Alibri Verlag 2002 in einer überarbeiteten stark erweiterten Fassung herausgegeben hat. In den Kinderbüchern Thekla – das kleine Schlossgespenst hat sie gemeinsam mit ihren Mitautorinnen Roswitha Kolter-Alex und Silvia Wolf-Möhn Geschichten rund um das Schloss Johannisburg für unzählige Kinder erlebbar gemacht.
Dabei war Monika selbst Teil der Bewegungsgeschichte Aschaffenburgs. Während sie in ihrer Dissertation die erste Frauenbewegung in Unterfranken aufgearbeitet hatte, war sie Aktivistin in der Frauenbewegung der 1980er Jahre. Gemeinsam mit ihren Mitstreiterinnen hat sie nach einer erschreckenden Serie von Femiziden den Verein Frauen gegen Gewalt ins Leben gerufen und mit vielzähligen Aktionen das Thema im öffentlichen Raum präsent gemacht. Mit Fug und Recht kann man sie als Pionierin der historischen Frauenforschung in der Region Aschaffenburg und des Spessarts bezeichnen, hat sie doch vielzählige Biografien vergessener historischer Frauen wie Auguste Haarländer aufgearbeitet, bewiesen, dass es auch Frauen unter den legendären Spessarträubern gab und die Geschichte der Mädchenbildung in den Blick genommen. Mit der Initiative FrauenMachenGeschichte hat sie mit ihren Mitstreiterinnen seit 2021 begonnen, historisch bedeutsame Frauen in der Erinnerungskultur Aschaffenburgs sichtbar im Stadtbild zu verankern.
Monika hat als Feministin in der Frauenbewegung und als Heimatpflegerin in der Regionalgeschichte große und wichtige Spuren hinterlassen. Sie war eine Impuls- und Ratgeberin, Netzwerkerin und eine unglaublich energiegeladene und tolle Frau. Wir werden sie sehr vermissen.
Im März 2021 hat eine junge Aschaffenburger Feministin ein langes Interview mit Monika Schmittner zur Geschichte der Frauenbewegung in Aschaffenburg geführt. Im Online-Stadtmagazin 361° gibt Teil 1 Auskunft über die erste Frauenbewegung in Aschaffenburg und in Teil 2 nachgelesen werden, welchen Anteil sie selbst an der „zweiten Welle“ hatte.
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